Der Heilige Geist im Alten Testament – ein Überblick

Eine Ausarbeitung zum Geist Gottes im Alten Testament der Bibel

Wer wissen will, was die Bibel über den Heiligen Geist sagt, schaut meistens im Neuen Testament nach – logisch. Aber was steht eigentlich im Alten Testament zum Heiligen Geist? Gibt es den Heiligen Geist im Alten Testament überhaupt schon? Und falls ja: was tut er da?

Im Rahmen einer Studienarbeit habe ich mal alle Stellen angeschaut, wo vom Geist die Rede ist – dabei fangen hier schon die Probleme an, wie ihr unten lesen könnt.

Theologisch gesehen gehört diese Ausarbeitung in den Bereich der „Pneumatologie“ – das hat nix mit Druckluft zu tun, sondern mit der „Lehre über den Heiligen Geist“. Weil ich aber selbst die wenigsten dieser hochtheologischen Fachausdrücke unfallfrei buchstabieren kann, verzichte ich im Folgenden weitgehen darauf.

Die Ausarbeitung ist eher trocken gehalten und hat den Schwerpunkt bei der theologischen Beobachtung, weniger bei der Bewertung, Auslegung oder Anwendung der Bibelstellen, die sich mit dem Geist Gottes im Alten Testament beschäftigen. Nicht unbedingt die optimale Gute-Nacht-Lektüre, aber wen das Thema interessiert, dürfte interessante Inputs bekommen, zumal die meisten relevanten Bibelstellen des AT’s zum Thema irgendwo erwähnt werden und eingeordnet sind.

Außerdem bekommt man auf knapp 20 Seiten (3 Seiten gehen für’s Titelblatt, Inhaltsverzeichnis und Bibliografie drauf 😉 ) recht fix einen ziemlich guten Überblick…

1. Zielsetzung dieser Ausarbeitung

Ziel dieser Ausarbeitung ist es, wesentliche Aussagen im Alten Testament (AT) zum Heiligen Geist zusammenzutragen, die dort beschriebenen, dem Heiligen Geist zugeschriebenen Eigenschaften, Aufgabengebiete und Wirkungen und deren Umfeld zu beleuchten und ggf. gegeneinander abzugrenzen. Ein Vergleich des Auftretens des Heiligen Geistes im AT gegenüber dem Neuen Testament wäre sehr interessant, würde aber den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Eine ausführliche Beweisführung für die Bezeichnung des Heiligen Geistes als Person anzutreten, erscheint mir im Zusammenhang mit den neutestamentlichen Schriftstellen sinnvoller, so dass in der vorliegenden Ausarbeitung auf diesen Aspekt ebenfalls verzichtet wurde.

 

2. Vorgehensweise und Schwierigkeiten bei der Betrachtung

Um zu einem möglichst umfassenden Ergebnis zu kommen und auch Teilaspekte der Person und des Wirkens des Heiligen Geistes im Alten Testament nicht unberücksichtigt zu lassen, wurden für diese Ausarbeitung in der Hauptsache sämtliche Bibelstellen betrachtet, in welchen das Wort „ruwach“ (hebräisch רוּחַ, Strong Nr. H7307) vorkommt.

Die Schwierigkeit hierbei besteht in der vielfältigen Verwendung dieses Wortes, wie unter Punkt 3 aufgeführt.

 

3. Das Wort „Geist“ im AT

3.1 Eindeutige Bezeichnungen für den Heiligen Geist

Teilweise macht der Kontext deutlich, wann es um den Heiligen Geist, also den Geist Gottes geht, wenn das Wort „ruwach“ verwendet wird. Hierzu zählen natürlich die eindeutigen Formulierungen „Geist Gottes“ oder „Geist des HERRN“. Die Bezeichnung „Heiliger Geist“ hingegen wird im AT nur drei Mal gebraucht (Ps51,11; Jes63,10+11).

Nebukadnezar spricht in Bezug auf Daniel als von einem Mann, „in welchem der Geist der heiligen Götter ist“ (Dan4,5+6+15; auch Belsazar in Dan5,11). Obwohl diese Beurteilung von Seiten eines Nichtjuden erfolgt, ist anzunehmen, dass der Heilige Geist tatsächlich in Daniel war – zumal ihm entsprechende Eigenschaften wie Kenntnis und Verständnis in jeder Schrift sowie Weisheit und Verständnis von Gesichten und Träumen jeder Art zugesprochen wird (Dan1,17). Auch der Pharao zur Zeit Josefs spricht diesem zu, dass der Geist Gottes in ihm wäre (1Mo41,38), was ihm ja ebenfalls eindrucksvoll durch die Fähigkeit Josefs, Träume zu deuten, unter Beweis gestellt worden war.

An anderen Stellen wird nur vom „Geist“ gesprochen (z.B. 1Chr12,19). So beispielsweise in Bezug auf Josua in 4. Mose 27,18, während in 5. Mose 2,30 sowie 5. Mose 34,9 Josua als ein Mann bezeichnet wird, der mit dem „Geist der Weisheit“ erfüllt ist, woraus wir schließen können, dass es sich bei beiden Formulierungen ebenfalls um den Heiligen Geist handelt – zumal in Jesaja 11,2 der Geist des HERRN auch als „Geist der Weisheit“ bezeichnet wird (s.a. Spr1,23). Auch im Buch Hesekiel treffen wir häufig nur die Bezeichnung „der Geist“ (z.B. Hes2,2; 3,24; 11,1 u.a.) – mehrmals auch in Verbindung mit „dem Geist des lebendigen Wesens“ (z.B. Hes1,21; 10,17), wobei auch hier der Kontext deutlich macht, dass der Heilige Geist am Werk ist.

Weitere eindeutige Bezeichnungen sind „der Geist aus der Höhe“ (Jes32,15) sowie wenn Gott spricht und von „meinem Geist“ redet (z.B. Jes42,1; 44,3).

 

3.2 Weniger eindeutige Verwendungen des Wortes „ruwach“

Das Wort „ruwach“ wird im AT unter anderem aber auch gebraucht, um folgende Begriffe zu beschreiben:

  • Wind (z.B. 1Mo8,1, Pred1,14)
  • Himmelsrichtung/Seite (Hes42,16-20)
  • Luftzug (Hi41,16)
  • Hauch (z.B. 2Mo15,8)
  • Lebensodem (z.B. 4Mo27,16; Hab2,19)
  • Schnauben (Hi15,13)
  • Atem (z.B. Hi9,18)
  • der menschliche Geist (z.B. Esr1,5; Hi6,4; Jes31,3; Hag1,14; – so z.B. auch der „Geist des Kyrus“ in 2Chr36,22 + Esr1,1 oder der Geist Sihons in 5Mo2,30)
  • Weisheit (Dan5,11 im Zusammenhang mit „Scharfsinn“)
  • Gemüt (Ps106,33)
  • Seele (im Zusammenhang mit „treu“, so z.B. in Spr11,13)
  • Jährzornige (wörtl. „kurzer/ungeduldiger Geist“, so z.B. in Spr14,29)
  • Hochmut (wörtl. „hoher/erhöhter Geist“, so z.B. in Hi16,18)

Hier macht schon die obige Auflistung deutlich, dass die sprachliche Abgrenzung auch unter Beachtung des Kontextes teilweise Auslegungssache des Übersetzers ist – fällt es doch schon in der eigenen Sprache manchmal schwer, beispielsweise den menschlichen Geist eindeutig vom Gemüt oder der Seele abzugrenzen.

Dies macht es bei verschiedensten Bibelstellen nicht einfach, genau zu bestimmen, ob hier vom Heiligen Geist und seinem Wesen und Wirken die Rede ist – oder ob hier etwas anderes gemeint ist.

 

3.2.1 Beispiel 1: „Mehrfacher“ oder „geteilter“ Geist?

Wenn Elisa darum bittet, den zweifachen Anteil vom Geist Elias zu bekommen, ist für den Leser nicht ohne weiteres ersichtlich, ob Elisa damit eine „doppelte Portion Heiligen Geistes“ meint oder ob er doppelte Vollmacht, Weisheit oder gar doppelte Wunderkraft wünscht – auch wenn ihm der „zweifache Anteil“ in der Folge zugesprochen wird (2Kö2,9-12). Die Prophetensöhne bestätigen denn auch aufgrund dessen, was sie sehen – allerdings ohne dies als „zweifachen Anteil“ zu artikulieren – : „Der Geist des Elia ruht auf Elisa“ (2Kö2,15).

In ähnlicher Weise spricht Gott selbst zu Mose, dass er „von dem Geist nehmen wird“, der auf ihm liegt und auf die 70 von Mose ausgewählten Ältesten legen wird (4Mo11,17+25). Auch wenn in der Folge nicht mehr davon die Rede ist, dass der Geist Gottes durch Mose wirkt, so scheint beim Studium dieser Stellen doch deutlich zu werden, dass die Verteilung des Geistes nicht mathematisch gedeutet werden kann, so dass beispielsweise nach dieser Verteilung Mose also entweder keinen Geist mehr gehabt oder jeder der Ältesten einen Siebzigstel bekommen hätte.

 

3.2.2 Beispiel 2: David und der „Geist im Innern“

David bittet in Psalm 51 darum, dass Gott seinen heiligen Geist nicht von ihm nehmen möge. Diese Bitte folgt direkt auf den Vers, in welchem David sagt: „gib mir von Neuem einen festen Geist in meinem Innern!“ (Ps51,12). Auch hier ist nicht gleich klar, ob es sich um einen Parallelismus handelt und David beide Male vom Heiligen Geist redet oder David mit dem „festen Geist“ einfach einen standhaften Charakter und emotionales Durchhaltevermögen meint, zumal er einige Verse später im selben Psalm von einem „zerbrochenen Geist“ redet. Dieser zerbrochene Geist wird dann im Zusammenhang mit einem zerbrochenen und zerschlagenen Herzen genannt, so dass klar ist, dass David in diesem Psalm auf jeden Fall sowohl vom menschlichen als auch vom göttlichen, heiligen Geist redet, auch wenn dies ggf. nicht bei jeder Nennung des Wortes „ruwach“ zu 100% klar definiert werden kann.

 

3.2.3 Beispiel 3: Eliphas und der „furchterregende Geist“

Ein weiteres Beispiel für eine nicht eindeutige Verwendung des Wortes „ruwach“ finden wir im Buch Hiob, in dessen 42 Kapiteln dieses Wort 31 Mal genannt wird.

Wenn Eliphas davon berichtet, dass im Traum ein Geist an ihm vorüberging (Hi4,15), ist nicht sicher, ob er vom Heiligen Geist redet oder ob – vorausgesetzt, Eliphas erfindet diesen Traum nicht oder spricht hier nur bildhaft – ihm hier ein anderer Geist erschienen ist. Auch die Wirkungen, die dieser Geist bei ihm hervorruft, wie Furcht und Zittern sowie dass ihm die Haare zu Berge stehen, lassen noch keinen eindeutigen Schluss zu.

 

3.2.4 Beispiel 4: Der Heilige Geist – der Odem Gottes?

Wenn Elihu in Hiob 32,8 sagt „Aber der Geist ist es im Menschen, und der Odem des Allmächtigen, der sie verständig macht.“, dann ist auch hier nicht auf Anhieb klar, ob es sich um einen Parallelismus handelt und der Heilige Geist bildhaft als göttlicher Odem bezeichnet wird und damit auch verantwortlich ist für verständiges Handeln beim Menschen oder ob hier vom rein menschlichen Verstand die Rede ist und betont werden soll, dass auch ebendieser von Gott geschaffen ist. Wenngleich die Verwendung einer sehr ähnlichen Formulierung im nächsten Kapitel nahelegt, dass Elihu tatsächlich sowohl hier als auch dann in Hiob 33,4 vom Geist Gottes redet:

„Der Geist Gottes hat mich gemacht, und der Odem des Allmächtigen erhält mich am Leben.“

In Jesaja 40 wird das Wort „ruwach“ als Bild des göttlichen Hauchs benützt, der das Gras dürr werden und die Blume abfallen lässt (Jes40,7). Und auch hier ist kurz darauf vom Geist des HERRN die Rede und wird die Frage gestellt, wer ihn wohl als Ratgeber unterwiesen habe (Jes40,13). An diesem Beispiel lässt sich erahnen, dass die mehrdeutige Verwendung kein Versehen ist, sondern gerade in der Mehrdeutigkeit göttliche Ausdruckskraft liegt. So ist ja bereits in 1. Mose 2,7 die Rede davon, dass der Mensch eine lebendige Seele dadurch wird, dass Gott der HERR den Odem des Lebens in die Nase des Menschen bläst, wodurch dieser zu einer lebendigen Seele wird. Wenngleich an dieser Stelle ebenso wie bei den genannten Zitaten von Elihu für den „Odem“, „Atem“ oder „Hauch des Lebens“ das hebräische Wort nĕshamah (נְשָׁמָה, Strong Nr. H5397) Verwendung findet[1].

Das Wort „ruwach“ hingegen findet in ähnlicher Weise Verwendung bei Hesekiel. So wird z.B. im 37. Kapitel von einer Vision berichtet („der HERR führte mich ‚im Geist‘ hinaus“), in welcher dem Odem befohlen wird, von den vier Windrichtungen zu kommen und den auf einer Ebene zerstreuten Totengebeinen zu Leben zu verhelfen. Den Schluss dieser Vision bildet der Vers 14, der mit den Worten beginnt „Und ich werde meinen Geist in euch legen, und ihr sollt leben;“. So verschwimmen auch in diesem Kapitel die Grenzen zwischen dem lebendig machenden Odem und dem lebendig machenden Geist Gottes.

In Jesaja 59,19 dann wird gesagt, dass der Hauch des HERRN den Bedränger in die Flucht schlagen wird. Ob dieser Hauch dabei nicht auch der Geist des Herrn sein kann, gehört m.E. zu dieser Art Fragen, die weder zu 100 Prozent eindeutig beantwortet werden können noch müssen.

3.3 Andere „Geister“

Besondere Vorsicht ist bei der Wortstudie „ruwach“ u.a. auch deswegen geboten, weil dieses Wort nicht nur für den guten, göttlichen, heiligen Geist verwendet wird. Auch andere Geister werden mit diesem Wort bezeichnet.

Verschiedene Schriftstellen machen deutlich, dass ein derartiger anderer, böser Geist durchaus von Gott gesandt sein kann.

 

3.3.1 Ist jeder von Gott gesandte Geist der Heilige Geist?

In Richter 9,23 wird gesagt, dass Gott einen bösen Geist zwischen Abimelech und die Bürger von Sichem sendet. Ob dies eine Formulierung dafür ist, dass Gott Zwietracht zuließ oder tatsächlich Dämonen befehligte, sich der Gesinnung dieser beiden Parteien zu bemächtigen, erschließt sich dem sprachlich Unkundigen nicht unbedingt.

Wenn die Rede davon ist, dass Gott böse Geister sendet, mag dies in manchem Bibelleser die Frage aufwerfen, ob es sich hierbei auch um die Wirkung des Heiligen Geistes handeln könnte, da „böse“ in der biblischen Wortwahl nicht zwangsläufig „widergöttlich“ meint, sondern auch als „unangenehm“ oder „schmerzhaft“ Verwendung findet oder einfach von gottlosen Menschen als böse empfunden wird. So z.B. wenn Hiob seiner Frau sagt, dass man nicht nur das Gute, sondern auch das Böse von Gott annehmen sollte (Hi2,10) oder Ahab verständlicherweise aus seiner gottlosen Sicht die göttliche Prophezeiung Michas als Böses bezeichnet (2Chr18,17).

Wenn in Jesaja 63,10 die Rede davon ist, dass Israel widerspenstig war und den heiligen Geist betrübte, so steht im Anschluss, dass dieser daraufhin zum Feind Israels wurde und selbst gegen sie kämpfte. Feindselig (gegenüber Gottlosen) und kämpferisch sind also durchaus Eigenschaften, die dem Heiligen Geist zugeschrieben werden.

Und in Sacharja 6,8 ist von „meinem Geist“[2] die Rede, der sich niederlässt im Land des Nordens – wobei die Übersetzer der Schlachter2000 hier noch den Zusatz „im Zorn“ hinzufügen, was ebenfalls ein zumindest von der Empfindung des entsprechenden Menschen her negatives Wirken des Geistes Gottes impliziert.[3]

Die Frage, ob immer, wenn ein Geist von Gott ausgesandt wird, vom Heiligen Geist die Rede ist, wird vom Prinzip her aber im Bericht zum Leben Sauls sehr deutlich beantwortet. Zunächst ist klar, dass der Geist des Herrn über Saul kommt, wie ihm auch vom Propheten Samuel vorausgesagt wurde. Dieser prophezeit sogar, dass Saul in der Folge dieses „Übergossenwerdens“ mit Heiligem Geist nicht nur weissagen, sondern sogar in einen anderen Mann verwandelt werden würde (1Sam10,6). Dass diese Prophezeiung eintritt und der Geist Gottes tatsächlich über Saul kommt, wird in 1. Samuel 11,6 explizit bestätigt. Die folgende Stelle aber macht deutlich, dass nicht jeder von Gott gesandte Geist der gute, göttliche, heilige Geist ist.

In 1. Samuel 16,14 heißt es: „Aber der Geist des Herrn wich von Saul, und ein böser Geist, von dem Herrn gesandt, schreckte ihn.“

 

3.3.2. Beispiele weiterer, von Gott gesandter „Negativ-Geister“

In ähnlicher Weise wird in 1. Könige 22,23 davon gesprochen, dass der Herr einen „Lügengeist“ in den Mund der Propheten legt und in 2. Könige 19,7 sagt Jesaja im Auftrag Gottes, dass der König von Assyrien einen Geist von Gott eingegeben bekommt, so dass er ein Gerücht hören und abziehen wird (2Kö19,7).

In Jesaja 4,4 ist dann die Rede davon, dass die Blutschuld Jerusalems durch den „Geist des Gerichts und den Geist der Vertilgung“ hinweggetan wird. Außerdem werden im Buch Jesaja ein „Taumelgeist“ (Jes19,14) sowie ein „Geist tiefen Schlafs“ (Jes29,10) genannt, die ebenfalls eindeutig vom HERRN befehligt bzw. ausgesandt sind.

Der Prophet Sacharja schließlich spricht gegen Ende seiner Prophetie davon, dass der HERR der Heerscharen den „Geist der Unreinheit“ aus dem Land vertreiben wird (Sach13,2).

Auch wenn nicht mit letztendlicher Gewissheit davon ausgegangen werden kann, dass etwa mit dem „Geist des Gerichts“ nicht doch der Heilige Geist gemeint ist, so wird doch deutlich, dass Gott auch diejenigen Geister untertan sind und von ihm befehligt werden, die definitiv Böses und Zerstörung anrichten.

Beim Studium des Alten Testamentes wird klar, dass die Protagonisten nicht selten Gott in einer für viele Christen des 21. Jahrhunderts ungewohnten Art und Weise für Schaden und Unglück verantwortlich machen. Besonders im Buch Hiob finden sich derlei Aussagen und auch der Prophet Amos stellt die rhetorische Frage, ob auch ein Unglück in der Stadt geschieht, das der HERR nicht gewirkt hat (Am3,6).

Trotz dieser Beispiele aus dem AT, die Charakterzüge und Handlungen von Gott und seinem Geist beschreiben, die von Menschen als negativ oder feindselig empfunden werden können, macht die Eigenaussage der gesamten Bibel deutlich, dass es niemals auf Initiative des allmächtigen Gottes hin Aktionen gibt, die aus Ewigkeitsperspektive tatsächlich negativ sind für Menschen, die Gott lieben. (Rö8,28; Jak1,13).

Fast schon als Ausnahme wirkt es da, wenn Hosea von einem „Geist der Hurerei“ spricht (Hos4,12 + 5,4), ohne das Wirken dieses Geistes direkt auf Gottes Initiative zurückzuführen.[4]

 

4. Das Wirken des Heiligen Geistes im Alten Testament

4.1 Spenden von Leben

Bereits im zweiten Vers der Bibel treffen wir auf den Geist Gottes, der dort als über dem Wasser schwebend geschildert wird (1Mo1,2). Wenngleich im Schöpfungsbericht die Bibel nicht mehr eindeutig vom Eingreifen des Geistes berichtet, so scheint er doch bei der Schöpfung nicht nur anwesend, sondern auch beteiligt zu sein. Martin Lloyd-Jones beschreibt daher seinen Teil am Schöpfungswerk folgendermaßen: „Gott der Vater schuf alles durch den Sohn mittels des Heiligen Geistes. Die Dreieinigkeit ist, wie wir uns oft bewusst gemacht haben, immer am ganzen Werk am Wirken, die Arbeit ist jedoch eingeteilt.“[5] Das in 1. Mose 1,2 verwendete Verb, welches hier gewöhnlich mit „schweben“ (Menge: „sich bewegen“) übersetzt wird, bedeutet in Syrisch, welches mit dem Hebräischen verwandt ist, „brüten“, was als früher Hinweis auf das lebensspendende und lebenserhaltende Wirken des Geistes Gottes gesehen werden kann[6].

Wenngleich 1. Mose 6,3 nahelegt, dass die Sintflut eine gewisse Zäsur in der Art und Weise der Innewohnung bzw. dem Wirken des Geistes in bzw. mit dem Menschen darstellte[7], so finden wir doch nicht nur in der Erschaffung des Menschen Hinweise und Bilder für sein lebensspendendes Wirken, sondern auch im weiteren Verlauf des Alten Testamentes – in besonders markanter Weise in Hesekiel 37 (vgl. 3.2.4), wo in Vers 14 formuliert wird „Und ich werde meinen Geist in euch legen, und ihr sollt leben;“. Dieses Wirken als lebensspendender Geist wird zuvor in besonderer Weise durch das Bild des Odems unterstrichen (vgl. Punkt 3.2.4).

Durch Aufgreifen dieses Bildes unterstreicht Psalm 104 das lebensspendende Wirken des Geistes Gottes, ohne diesen direkt beim Namen zu nennen, wenn es dort in den Versen 29 und 30 heißt: „verbirgst du dein Angesicht, so erschrecken sie; nimmst du ihren Odem weg, so vergehen sie und werden wieder zu Staub; sendest du deinen Odem aus, so werden sie erschaffen, und du erneuerst die Gestalt der Erde.“

Der Aspekt der Förderung ewigen Lebens i.S.v. ungetrübter Gemeinschaft mit Gott[8] durch den Geist Gottes macht auch Gottes Aussage in Hesekiel 39,29 deutlich: „Und ich will künftig mein Angesicht nicht mehr vor ihnen verbergen, weil ich meinen Geist über das Haus Israel ausgegossen habe…“.

 

4.2 Weisheit, Einsicht und Führung

4.2.1 Zur prophetischen Deutung von Träumen und Visionen

Der Pharao, Nebukadnezar und Belsazar sind – wie unter 3.1 bereits angedeutet – die drei weltlichen Herrscher im AT, die davon überzeugt waren, dass der Geist des Gottes Israels oder der „Geist der Götter“ wie sich die Babylonier ausdrücken, in Menschen wirkte. Der Pharao machte diese Feststellung, nachdem Josef seine Träume gedeutet hatte (1Mo41,38); ebenso Nebukadnezar nach der Traumdeutung Daniels (Dan4,5+6+15). Dem nachfolgenden Herrscher Belsazar wird diese Feststellung ebenfalls übermittelt (Dan5,11+14). Damit brachten sie zum Ausdruck, dass sie nicht die natürlichen Fähigkeiten dieser Gottesmänner bewunderten, sondern hinter deren weisen und prophetischen Worten das Wirken des Geistes Gottes sahen. Gleichsam erkannten sie damit an, dass ihre eigenen Götter hier machtlos waren[9].

Bei Hesekiel wird in besonderer Weise deutlich, dass nicht nur die Deutung von Träumen oder Visionen das Wirken des Geistes erfordert – Hesekiel, der von sich sagt, dass der Geist in ihn kam (Hes2,2; 3,24), spricht vielfach davon, im Zusammenhang mit Visionen selbst vom Geist geführt, emporgehoben und auf die Füße gestellt worden zu sein (Hes3,12+14+24; 8,3; 11,1; 11,24; 37,1; 43,5).

 

4.2.2 Für Prophetie und Segnung

Von Bileam als von Balak zu Israels Schaden angeheuertem Propheten heißt es auch, dass der Geist Gottes auf ihn kam. In der Folge ist sein Augenmerk nicht mehr auf Wahrsagerei gerichtet, sondern auf Segen für Israel. Die in 4. Mose 24 aufgeschriebenen Aussprüche Bileams beleuchten in prophetischer Weise die Zukunft der Nationen[10].

 

4.2.3 Für Leitungsaufgaben

Als Mose sich bei Gott über das Volk Israel beklagt und beteuert, dass ihm die Leitungsaufgabe zu schwer sei (4Mo11,14), reagiert Gott, indem er befiehlt, 70 Älteste zu berufen, die Mose helfen sollen, die Last des Volkes zu tragen (4Mo11,16-30). Gott spricht in diesem Zusammenhang davon, dass er von dem auf Mose befindlichen Geist nehmen und diesen auf die Ältesten legen würde. Die Begründung für das Legen des Geistes auf diese Ältesten lautet wörtlich „dass sie mit dir an der Last des Volkes tragen und du sie nicht allein tragen musst.“ Insofern kann man davon ausgehen, dass die Ältesten gerade hierdurch in besonderer Weise für die ihnen übertragenen Leitungsaufgaben sensibilisiert und befähigt wurden.

Auch bei Josua ist die Rede davon, dass er mit dem „Geist der Weisheit“ erfüllt war (5Mo2,30; 34,9), was nicht nur erstaunliche Leiterfähigkeiten bei Josua zur Folge hatte, sondern auch den Gehorsam des Volkes Israels ihm gegenüber (4Mo27,20; 5Mo34,9).

Bei David heißt es vom Tag seiner Salbung, dass der Geist des Herrn „von diesem Tag an und weiterhin“ über ihn kam (1Sam16,13). Auch hier lässt die Amtshandlung der Salbung zum König und die explizite Erwähnung, dass der Geist auch „weiterhin“ über ihn kam, darauf schließen, dass dies zur Befähigung Davids in Bezug auf sein Amt als König diente.

David selbst wünscht sich denn auch explizit die Leitung durch Gottes guten Geist und bringt dies auch in Zusammenhang mit der Erkenntnis von Gottes Willen und seiner Wegweisung, wenn er betet: „Lehre mich tun nach deinem Wohlgefallen, denn du bist mein Gott; dein guter Geist führe mich in ebenem Land!“ (Ps143,10).

 

4.2.4 Zur Weissagung

In der oben genannten Begebenheit, als der Geist auf die 70 Ältesten gelegt wurde, hatte dies auch zur Folge, dass diese weissagten. Sogar zwei weitere Älteste, die bei dieser „Verteilung des Geistes“ lokal gar nicht anwesend gewesen waren, kommen unter die Wirkung des Geistes und weissagten im Lager, was Josua zunächst schockiert[11] und in ihm eine ablehnende Reaktion hervorruft (4Mo11,28). Mose hingegen begrüßt diese Wirkung des Heiligen Geistes und wünscht sich, dass der HERR seinen Geist auf das ganze Volk legen und sie so weissagen würden (4Mo11,29). Andreas Münch ist davon überzeugt, dass sich dieser Wunsch Moses zu Pfingsten erfüllte und bringt dies in Zusammenhang mit der Prophetie von Joel[12] (siehe auch Punkt 4.5).

Auch im Zusammenhang mit dem Leben Sauls wird davon gesprochen (in 1. Samuel 10,6 auch als prophetische Ankündigung), dass Weissagung eine Folge dessen war, dass der gute Geist Gottes über ihn kam[13]. Diese Beobachtung führte sogar im Volk Israel zum Sprichwort „Ist auch Saul unter den Propheten?“ (1Sam10,10; 19,24).

Der König David schließlich war selbst davon überzeugt, ein Sprachrohr Gottes zu sein – also ein Mensch, durch den der Heilige Geist redet. So formuliert er am Ende seines Lebens in 2. Samuel 23,2-3: „Der Geist des HERRN hat durch mich geredet, und sein Wort war auf meiner Zunge. Der Gott Israels hat geredet, zu mir hat der Fels Israels gesprochen:…“.[14] Dasselbe gilt für den Propheten Micha, der davon überzeugt war, mit dem Geist des HERRN erfüllt zu sein, um „Jakob seine Übertretung zu verkünden und Israel seine Sünde.“ (Mi3,8).

Auch Asarja, Jehasiel und Sacharja sind deutliche Beispiele dafür, dass der Geist Gottes, der über Menschen kommt, diese benützt, um anderen Menschen göttliche Botschaften zu übermitteln. Während Sacharja in ernster Weise davon spricht, dass das Übertreten von Gottes Geboten die Abwendung Gottes zur Folge hat (2Chr24,20), formuliert Asarja dies nicht ausschließlich negativ, sondern motiviert zur Umkehr und dazu, nicht aufzugeben und auf den Lohn zu blicken (2Chr15,2-7). Jehasiel ermutigt das Volk in auswegloser Situation und spricht in prophetischer Weise vom Sieg, weil Gott anstelle des Volkes kämpfen wird (2Chr20,14-17)

Die Botschaft von Asarja bewirkt die Abschaffung von Götzen und eine große Reformation bei König und Volk (2Chr15,8ff). Jehasiels Worte bringen die Hörer zu Anbetung und lautem Lob (2Chr20,18-19). Sacharja hingegen wird für seine Worte vom eigenen Stiefbruder und dessen Verschworenen gesteinigt (2Chr24,21-22).

Hieran lässt sich erkennen, dass vom Geist Gottes bewirkte Botschaften wohl zu gottgewirkter Umkehr und Reformation führen können, aber keine Garantie hierfür sind. Die Hörer der geistgewirkten Worte können immer noch selbst entscheiden, wie sie mit der Botschaft umgehen.

So formulieren denn auch die Leviten während der Reformation Nehemias im Rückblick auf die Wüstenwanderung Israels im Gebet: „Und du gabst ihnen deinen guten Geist, um sie zu unterweisen.“ (Neh9,20) Im Verlaufe dieses Gebetes scheuen sich die Leviten aber nicht, davon zu sprechen, dass diese Unterweisung längst nicht immer auf fruchtbaren Boden fiel.
Wie David in 2. Samuel 23 keinen Unterschied zwischen Gott und seinem Geist zu machen scheint (vgl. Fußnote 14), so finden wir in diesem Gebet der Leviten in Nehemia 9,30 eine Formulierung, die ein Einswerden des Geistes mit den Propheten impliziert, wenn sie dort beten: „Du aber hattest viele Jahre lang Geduld mit ihnen und hast gegen sie Zeugnis ablegen lassen durch deinen Geist, durch deine Propheten; aber sie wollten nicht hören.“

Auch Sacharja reflektiert über die „Worte, die der HERR der Heerscharen durch seinen Geist, durch die früheren Propheten gesandt hatte“ (Sach7,12) und macht erwähnt, dass auch diese geistgewirkten Worte auf taube Ohren stießen.

 

4.2.5 Zur Führung und Leitung zur Ruhe

Im Rückblick auf Gottes Führung in der Vergangenheit spricht Jesaja davon, dass der Geist des HERRN das Volk zur Ruhe brachte – eine Führung des Volkes, um sich einen herrlichen Namen zu machen (Jes63,14).

 

4.2.6 Zur zuverlässigen Niederschrift göttlicher Botschaften

Jesaja spricht es schließlich dem Geist Gottes zu, die göttlichen Aussprüche zusammenzubringen und in vollkommener Weise auch schriftlich niederzulegen, wenn er in Jesaja 34,16 sagt: „Forscht nach im Buch des HERRN und lest es! Nicht eines von alledem wird fehlen; zu keinem Wort wird man die Erfüllung vermissen; denn mein Mund[15] ist’s, der es befohlen, und sein Geist ist’s, der sie gesammelt hat.“.

 

4.3 Kunst, Kreativität und handwerkliche Fertigkeit

Wenn in 2. Mose 28, 3 die Rede vom „Geist der Weisheit“ ist, dann liegt hier nun der Schwerpunkt seines Wirkens nicht auf Prophetie, Weissagung oder Redegabe, sondern auf handwerklichem Geschick, da es um die Anfertigung von Aarons Kleider geht. Drei Kapitel später wird der Künstler Bezalel genannt, der nicht nur mit Weisheit, Verstand, Erkenntnis und Geschicklichkeit für jede Arbeit, sondern auch mit dem Geist Gottes erfüllt war, „um Kunstwerke zu ersinnen und sie auszuführen in Gold und in Silber und in Erz, und um Edelsteine zum Besatz zu bearbeiten, und um Holz zu schnitzen, sodass er Kunstwerke aller Art ausführen kann“ (2Mo31,4-5).[16] Bezalel nützt diese Gaben und multipliziert sie auch dadurch, dass er andere handwerklich schult (2Mo35,30-35).

Auch Davids Ideen zur Gestaltung des Tempels werden dem Heiligen Geist zugeschrieben (1Chr28,12).

 

4.4 Ausrüstung mit Weisheit zum Krieg und Kraft zum Kämpfen

Bei den Richtern Otniel, Gideon und Jephtah heißt es, dass der Geist Gottes über sie kam (Ri5,10; 6,34; 11,29). Bei diesen vier Personen steht das Überkommen mit Heiligem Geist jeweils in direktem Zusammenhang mit geplanten kriegerischen Handlungen, was impliziert, dass der Geist Gottes ihnen zu dieser Aufgabe Geschick und Weisheit vermittelte. Bei Simson ist drei Mal die Rede davon, dass der Geist des Herrn über ihn kam (Ri14,6+19; 15,14) und schon als junger Mann wird von ihm gesagt, dass der Herr ihn segnete und der Geist des HERRN ihn trieb (Ri13,24-25). In seinem Leben führt das Überkommen mit Heiligem Geist dazu, dass er einen Löwen mit Leichtigkeit zerreißt (Ri14,6), 30 feindliche Männer erschlägt, deren Kleider er aufgrund einer verlorenen Wette benötigt (Ri14,19) und seine Fesseln wie von selbst abzufallen scheinen (Ri15,14).

In diese Kategorie fällt wohl auch die Begebenheit aus 1. Samuel 11, als der Geist Gottes über Saul kommt, woraufhin dessen Zorn über die Feinde Israels sehr entbrennt und er das Volk zum Kampf versammelt. Saul ist in der Folge nicht nur im Kampf erfolgreich, sondern das Volk stellt sich auch, „vom Schrecken des HERRN“ befallen „wie ein Mann“ hinter ihn.

In besonderer Weise einheitsstiftend und motivierend scheint der Heilige Geist auch in Amasai im Werk zu sein, dem Anführer der Wagenkämpfer aus dem Stamm Benjamin bzw. Juda. Nachdem der Geist über ihn kommt, stellt er sich und seine Mannschaft mit feierlichen Worten hinter David und seine Helfer (1Chr12,19), was in der Folge ebenfalls die Unterstützung bei kriegerischen Handlungen einschloss.

Der Heilige Geist selbst wird in Jesaja 63,10 ja ebenfalls als Kämpfer beschrieben, der denen zum Feind wird, die widerspenstig sind und ihn betrüben (vgl. Punkt 3.3.1).

 

In Jesaja 30,1 warnt Gott vor (militärischen) Bündnissen, die ohne seinen Geist abgeschlossen werden und so „Sünde auf Sünde häufen“.

Die bekannten Worte des Engels an Serubbabel endlich machen sehr deutlich, dass wesentliche Siege nicht durch menschliche Mittel errungen werden: „Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geist!, spricht der HERR der Heerscharen.“ (Sach4,6).

 

4.5 In Bezug auf den Messias und die Wiederherstellung Israels

Vor allem in den Propheten finden sich einige Bibelstellen, die vom Wirken des Geistes in Bezug auf den Auserwählten Gottes, den Erlöser für Zion sprechen. So spricht Gott davon, den Geist auf den Auserwählten gelegt zu haben (Jes42,1) und es ist die Rede davon, dass der Geist auf diesem Knecht Gottes auch ruht[17] (Jes11,2; 59,21) und ihn sendet (Jes48,16)[18].

Aber nicht nur in Bezug auf den Messias – auch wenn die Rede auf die künftige Erlösung kommt, finden sich Stellen, die die Ausgießung des Geistes auf das Volk Gottes beschreiben (Hes11,19; 36,26; 37,14; 39,29). Eine besondere Stellung scheint hier auch Joel einzunehmen (Joel3,1), zumal er nicht nur von Israel spricht, auf die der Geist kommen soll, sondern von „allem Fleisch“ – und auch Petrus in seiner Pfingstpredigt auf diese Stelle Bezug nimmt.

 

5 Die Übermittlung des Geistes

Wenn man im AT der Frage nachgeht, wie der Heilige Geist auf Menschen kommt, so findet man verschiedene Varianten und Formulierungen.

 

5.1 Handlungen zur Übermittlung

In 5. Mose 2,30 wird das Erfülltsein Josuas mit dem Heiligen Geist durch die Handauflegung durch Mose begründet. Verwunderlich hierbei ist jedoch der Vergleich mit 4. Mose 27,18, wo berichtet wird, dass Josua bereits ein Mann war, in dem der Geist war, als Mose befohlen wurde, seine Hand auf ihn zu legen.

Bei Saul als auch bei seinen Boten scheint es, als stünde das Überkommenwerden mit Heiligem Geist und dem drauf folgenden Weissagen in direktem Zusammenhang mit der Begegnung mit einer Schar Propheten (1Sam10,10; 19,20).

 

5.2 Initiative zur Übermittlung

An den meisten anderen Stellen, wo von der Wirkung des Heiligen Geistes durch Menschen die Rede ist, wird gesagt, dass der Geist „über“ sie oder „auf“ diese Menschen kam, ohne dass zuvor ein Mensch irgend eine Handlung vollzog oder direkt Initiative ergriffen hätte. So wird im Buch Hesekiel das Legen des Geistes ins Innerste der Menschen ebenfalls als Gottes Initiative beschrieben (Hes11,9; 36,26), wenngleich die Zuhörer des Propheten in Hesekiel 18,31 dann trotzdem dazu aufgerufen werden, sich aktiv „ein neues Herz und einen neuen Geist“ zu schaffen, wie ja ganz ähnlich auch David in Psalm 51,12-14 betet.

 

5.3 Lokale Präpositionen und Verben bei der Übermittlung

Ob eine scharfe Unterscheidung und Abgrenzung der einzelnen Formulierungen, wie der Geist in, auf oder über Menschen kommt, tatsächlich möglich oder sinnvoll ist, ist fraglich, zumal man beispielsweise von Hesekiel berichtet bekommt, dass der Geist „in ihn“ kam (Hes2,2; 3,24), „auf ihn fiel“ (Hes11,5) und auch „über“ ihn kam (Hes37,1) sowie dass Gott künftig diesen auch „in“ sein Volk „legen“ (Hes37,14) und „über“ dieses „ausgießen“ wird (Hes39,29).

 

6 Zusammenfassende Beobachtungen

Bei allen Wirkungen des Heiligen Geistes im AT wird deutlich, dass der Heilige Geist Menschen immer zu einer bestimmten Aufgabe ausrüstete und befähigte. Außerdem machen die Bibelstellen klar, dass der Geist Gottes meist nur für begrenzte Zeit auf Menschen kam. Und auch wenn er für längere Zeit blieb wie bei König David (1Sam16,13), so schien sich David doch der Gefahr bewusst zu sein, dass der Geist ihn wieder verlassen könnte, wenn er beispielsweise nach seinem Ehebruch mit Bathseba betet „…nimm deinen heiligen Geist nicht von mir.“ (Ps51,13).

Ebenso war David sich aber auch der Allgegenwart des Geistes bewusst (Ps139,7).

Die in dieser Ausarbeitung genannten Wirkungen und Wesenszüge des Heiligen Geistes werden in Jesaja 11,2 auf göttliche Art und Weise zusammengefasst, wenn dort vom Geist des Herrn die Rede ist und jeweils zwei Doppelpaare an einzelnen Wirkungen genannt wird[19]:

  • Weisheit & Verstand
  • Rat & Kraft
  • Erkenntnis & Furcht des Herrn

Diese Auflistung und Einteilung erinnert an das Symbol des siebenarmigen Leuchters, wenngleich das Symbol des Öls als Zeichen für den Heiligen Geist erst im Neuen Testament eindeutig aufgeschlüsselt ist[20].

Bei allen Beobachtungen und Nachforschungen zum Heiligen Geist sollte uns jedoch dessen Unergründlichkeit bewusst sein, wie Jesaja empfiehlt, wenn er die rhetorische Fragen in den Raum stellt: „Wer hat den Geist des Herrn ergründet, und wer hat ihn als Ratgeber unterweisen?“ (Jes40,13)

 

 


 

[1] Die Verwendung der Metapher des Windes wird im Neuen Testament auch durch Jesus bestätigt, wenn er davon spricht, dass „Der Wind weht wo er will (…) So ist jeder, der aus dem Geist geboren ist.“ (Joh3,8)

[2] Sacharja 6,8 ist wörtliche Rede – lt. Kontext von einem Engel an den Propheten. Wenn hier dann von „mein Geist“ die Rede ist, könnte theoretisch auch der Geist des Engels gemeint sein, was im Gesamtzusammenhang des AT jedoch recht unwahrscheinlich erscheint, zumal Engel ja ausschließlich göttliche Worte und Botschaften übertragen (wenngleich sie auch von „sich selbst“ reden können – vgl. Offb22,9);

[3]Andere Übersetzer (z.B. Elberfelder, Zürcher, Menge Bibel) übersetzen diese Stelle vom Sinn her eher so, dass der Geist im Land des Nordens Ruhe findet – die Elberfelder fügt in einer Fußnote hinzu „d.h. stillen meinen Zorn“, was darauf hindeuten würde, dass Gottes Geist zornig sein kann. Eine Eigenschaft, die als solche ebenfalls in der Heiligen Schrift öfter Gott zugeschrieben wird und damit nicht widergöttlich ist, aber genau wie „böse“ von Menschen, gegen die der Zorn gerichtet ist, oft als negativ empfunden wird.

[4] Wenngleich man hier nicht ausschließen kann, dass Hosea damit eine Gesinnung beschreibt und nicht unbedingt das spezielle Wirken eines unreinen, teuflischen Geistes – was sich aber ja auch gegenseitig bedingen kann

[5] D. Martyn Lloyd-Jones, Gott der Heilige Geist, S. 36

[6] Benedikt Peters: Der Heilige Geist – Gaben, Werk, Wirkungen, S. 10

[7] Die Übersetzer scheinen sich aufgrund der unterschiedlichen Übersetzungen nicht ganz einig darüber zu sein, was die genaue Formulierung von 1. Mose 6,3 angeht. So übersetzt Schlachter2000 „Mein Geist soll nicht für immer mit dem Menschen rechten“, während Elberfelder und Zürcher Bibel übersetzen „Mein Geist soll nicht ewig/auf immer im Menschen bleiben“ und Menge formuliert „Mein Geist soll nicht für immer im Menschen erniedrigt sein (?)“; die Anmerkung in der Elberfelder Bibel macht deutlich, dass die Bedeutung des verwendeten Wortes im Masoretischen Text nicht geklärt ist und daher auf die Formulierung der LXX zurückgegriffen wurde

[8] i.S.v. Gemeinschaft mit und Erkenntnis von Gott – vgl. Joh17,3

[9] Andreas Münch: Timotheus-Magazin 3/2017, S. 20

[10] John MacArthur: Studienbibel, S. 259

[11] Andreas Münch: Timotheus-Magazin 3/2017, S. 20

[12] Ebd.

[13] im Gegensatz zum bösen Geist von Gott, der ihn schreckte – vgl. Punkt 3.3.1

[14] Interessant an dieser Stelle ist auch, dass es für David keinen Unterschied zu machen scheint, ob er von Gott oder vom Geist Gottes redet, so dass dieser Text eine Belegstelle für die Gottheit des Heiligen Geistes und sein Wirken innerhalb der Dreieinigkeit ist. In Bezug auf diesen Aspekt scheint es auch bemerkenswert, zu sehen, dass die Übersetzer (z.B. Schl2000, RevElb, Zür2007, Menge) durchgängig vom „HERRN“ sprechen wenn in Micha 2,7 vom „ruwach Yĕhovah“ die Rede ist.

 

[15] Die Schl2000 folgt bei der Übersetzung „mein Mund ist’s, der es befohlen“ dem Masoretischen Text, andere Übersetzungen (z.B. RevElb, Zür2007, Menge) nehmen Bezug zu anderen Handschriften und übersetzen „der Mund des HERRN“ oder „sein Mund“ (Fußnote 10 zu Jes34,16 der RevElb auf www.bibleserver.com, abgerufen am 23.11.2017)

[16] Diese Stelle erinnert an die Kriterien für das Amt des Diakons, bei welchem die Apostel ebenfalls nicht nur praktische Aspekte festlegten, sondern eben auch das „voll Heiligen Geistes und Weisheit“ sein forderten (Apg6,3+5)

[17] Die Wortwahl, dass der Geist „ruht“ findet man auch in 4Mo11,25, 2Kö2,15, Jes11,2, Jes59,21 sowie Sach6,8

[18] Lt. John MacArthur spricht an dieser Stelle tatsächlich nicht der Prophet von sich, sondern schreibt über den Messias, der vom Geist Gottes gesandt wird – vgl. Mt4,1 sowie Mk1,12, wo auch Jesus vom Geist geführt/getrieben wird – John MacArthur: Studienbibel, S. 982

[19] Obwohl in diesem Vers (in dt. Übersetzungen) eigentlich vier Geister genannt werden (Geist des Herrn, Geist der Weisheit und des Verstandes, Geist des Rates und der Kraft, Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn) ist es im Gesamtkontext der Schrift abwegig, hier vier verschiedene Geister zu sehen, bzw. drei, die vom Geist des Herrn abgegrenzt werden.

[20] Arend Remmers: Biblische Bilder und Symbole, S. 137